Keine anderen Götter?

"Jitro"

(Jitro, Priester zu Midjan)
Exodus / 2. Buch Mose 18:1 - 20:23

Kaum zu glauben, Jitro [1], Schwiegervater von Mosche, kannte noch andere Götter. In Schemot [2] 18:10f. lesen wir: “Gelobt sei der Ewige, der euch aus der Hand Ägyptens und aus der Hand Pharaos gerettet, der das Volk aus dem Joch Ägyptens gerettet hat. Nun erkenne ich, dass der Ewige grösser ist als alle Götter...."[3] Jitro ist Priester der Midianiter[4], und Mosche hat sicher viel von ihm gelernt. Aber was? Wir wissen es nicht.

UNS aber hat Mosche im 'Schema' gelehrt „Höre, Jisrael! Adonai ist unser Gott! Adonai ist Einer!” „Schema Jisrael Adonai elohejnu, Adonai echad"[5]. Wir verstehen das Judentum deshalb als eine monotheistische Religion. Für uns gibt es NUR einen Gott, und dieser Gott hat Alles geschaffen – das ganze Universum, den Himmel und die Erde, Tag und Nacht, Wasser und Land, jede Pflanze, jedes Lebewesen. Er ist "Adon Olam“, der Herr der Welt, der ewige und grenzenlose Gott.

In interreligiösen Debatten wird häufig diskutiert auf welche Weise Gott der Einzige ist – trotz der verschiedenen Dimensionen und Namen die ihm zugeschrieben werden. Für UNS sind weder der Dualismus von Himmel und Hölle noch die Dreieinig- oder Dreifaltigkeit und erst recht nicht polytheistische Vorstellungen von Gott akzeptabel. Was andere Menschen glauben, bleibt ihre Sache. Wir wollen ihre Theologie nicht ändern. Wir missionieren nicht - aber wir stehen zu unserem Bekenntnis: Adonai elohejno, Adonai echad.

Allerdings waren auch die Israeliten davon nicht immer überzeugt. Der Tanach[6] berichtet von Zweifeln an der Einzigartigkeit Gottes. Das ist nicht verwunderlich. Diese Botschaft brauchte Zeit, um gehört und verstanden zu werden. Das Volk Israel hat schließlich über viele Generationen in Ägypten gelebt. Dort herrschte eine ganz andere religiöse – eine polytheistische  – Atmosphäre. Von jedem Gott gab es Bilder und Statuen, selbst der Herrscher hatte einen göttlichen Status inne. Als die Hebräer sicher durch das Schilfmeer zogen und gerettet wurden, sangen sie folglich „Wer ist wie Du, unter den Göttern, O Adonai?"[7]  und nicht “Es gibt keine anderen Götter”. Ihre Erfahrung war, dieser Gott ist besser als die anderen. Das Volk war bereit, diesen Gott anzunehmen, allerdings wollte es ihn sehen. So hielt man es in Ägypten. Und deshalb schuf es sich das 'Goldene Kalb'[8].

Und auch Gott wird am Berg Sinai nicht zitiert mit der Formulierung „Ich bin der einzige Gott“. Als Mosche die Tora übergibt, lauten seine ersten Worte: „Ich bin Adonai, dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten geführt…“. Und dann erhebt er eine Forderung: „Du sollst keine anderen Götter haben vor meinem Angesichte…"[9]. Gott stellt sich als der Verbündete Israels vor. Er habe das Volk gerettet, sagt er, und deshalb dürfe es nur Ihn als Einzigen anbeten. Seine Begründung: Wir haben einen Vertrag, eine besondere Beziehung!

Man kann die Geschichte über die Plagen in Ägypten lesen als einen mythischen Kampf zwischen Göttern. Danach kämpft Adonai, der Gott Israels, mit Hapi – dem ägyptischen Gott des Nils. Er verwandelt dessen lebensspendes Wasser als Zeichen des Todes in Blut[10]. Später legt er sich mit Amenemope an, der Göttin der Fruchtbarkeit und des Ackers. Er zerstört die fruchttragenden Felder durch eine Heuschreckenplage. Und Ra, dem Sonnengott, zeigt er seine Grenzen und schickt Finsternis. Diesem mächtigen Gott gegenüber sind die ägyptischen Priester hilflos.

Für das Judentum von heute gibt es aber nur noch einen Gott, nur einen Schöpfer, nur eine Macht. Auch wenn andere immer noch an mehrere Götter, Götzenbilder oder sogar an dunkle Mächte glauben. Wir hoffen auf den Tag an dem Wirklichkeit wird, was wir mit dem "Alenu"[11] täglich am Ende unserer Gebete mit den Worten des Propheten Secharja[12] sprechen: „An jenem Tag wird Gott einzig sein und sein Name einzig."[13]

[1] In Exodus 2:18 wird er Reguel oder Reuel genannt     [2] Hebräische Bezeichnung für das Buch Exodus bzw. 2. Buch Mose.     [3] Zitiert nach "Pentateuch (mit deutscher Übersetzung von J. Wohlgemuth und J.Bleichrode) und Haftarot (übersetzt von L.H. Löwenstein und S.Bamberger)", Basel 1985      [4] Stammvater der Midianiter ist nach Exodus 25:2-4 Midian, einer der Söhne von Abraham und Ketura.    [5] Dewarim (Deuterenomium bzw. 5.Buch Mose) 6:4     [6] TaNaCh ist die Bezeichnung für die gesamte hebräische Bibel. Das Wort setzt sich zusammen aus den Abkürzungen der Wörter Tora (Fünf Bücher Mose), Nevi’im (Propheten) und Ketuvim (Schriften, z.B. die Psalmen, das "Lied der Lieder" bzw. "Hohelied Salomos", die Bücher Ruth und Esther)       [7] Exodus 15:11      [8] Exodus 32:1 ff.      [9] Exodus 20:1 ff.     
[10] Exodus 7:14 ff.      [11] hebräisch für „Es ist unsere Aufgabe“      [12] auch ‚Sacharja’      [13] Sacharja 14:9 – Dies ist Teil des Schlussgebets Alejnu am Ende des jüdischen Gottesdienstes.